Deborah Meinig
Liebe Mitglieder der Paul-Gerhardt-Gemeinde,
ich bin Deborah Meinig und habe das Glück, in Ihrer Gemeinde ab dem ersten März den zweiten Teil meines Vikariats - der praktischen Ausbildung zur Pfarrerin - absolvieren zu dürfen. Ich freue mich schon darauf, Sie bei einem Gottesdienst oder einer Gemeindeveranstaltung kennenlernen zu dürfen! Und damit Sie wissen, mit wem Sie es hier eigentlich zu tun haben, möchte ich mich Ihnen kurz vorstellen mithilfe des Zeitgedichtes im Predigerbuch, welches ich gerade wegen seiner scheinbaren Zeitlosigkeit sehr schätze:
Ein jegliches hat seine Zeit, und alles Vorhaben unter dem Himmel hat seine Stunde.
Dieses "Eingetaktet-Sein" entspricht vor allem meiner bisherigen (Lebens-)Erfahrung, die ich als Schulkind und die letzten sechs Monate als Religionslehrerin an einer Weddinger Grundschule sammeln durfte. Dazwischen und daneben gab es zum Glück auch das Uneingespannte, das Freie, das Sich-Finden-Dürfen. Dieses Gefühl bekomme ich vor allem, wenn ich mich in ein gutes Buch mit einer Tasse Kräutertee vertiefen und in andere Welten abtauchen darf.
Geboren werden hat seine Zeit. Geboren wurde ich vor etwas mehr als 27 Jahren im Westen Berlins, wo ich auch die ersten 18 Jahre meines Lebens verbracht habe.
Abbrechen hat seine Zeit, bauen hat seine Zeit. Mit 18 brach ich die Zelte in Berlin ab und baute ein Neues, es ging "in den Osten", nach Rostock zu einem Freiwilligen Sozialen Jahr in der dortigen Jugendkirche. Ich schreibe bewusst Anführungszeichen, weil ich als Mensch, der nach der Wende geboren und in Charlottenburg aufgewachsen ist, mit der Trennung in Ost und West noch immer fremdele. Während des FSJs reifte dann auch der Wunsch in mir heran, Pfarrerin zu werden. Deswegen begann ich zum Wintersemester 2014/15 mit dem Theologiestudium an der Humboldt Universität zu Berlin mein Vollzeitstudium der Evangelischen Theologie.
Meine Studienzeit dort kann ich gut mit den Zeilen pflanzen hat seine Zeit, ausreißen, was gepflanzt ist, hat seine Zeit überschreiben. Neue Gedanken wurden gepflanzt, an anderen wurde ganz schön gerüttelt, manche regelrecht mit der Wurzel ausgerissen. Den Vorwurf mancher Kommiliton*innen, das universitäre Studium zerstöre den Glauben, kann ich so nicht teilen. Ja, ich musste mich von einigen "Heldengeschichten" als unhistorisches Faktum verabschieden, aber noch viel mehr habe ich gelernt, wo meine Wurzeln liegen und was die Bekenntnisse und Gebete, die ich in der Konfizeit noch mühselig auswendig gelernt hatte, heute für mich persönlich bedeuten. Mein Glaube wurde wissenschaftlich unterfüttert, geweitet, auf neue Erde gepflanzt. Besonders die Fächer Altes Testament sowie Praktische Theologie haben mich im Studium sehr begeistert. Die Leiden-schaft für die anderen Fächer entwickelte ich dann vor allem in der intensiven Vorbereitung für das Erste Theologische Examen, welches ich im November 2020 abgelegt habe.
Sterben hat seine Zeit. Sehr geprägt während der Studienzeit hat mich ein vierwöchiges Praktikum in der Krankenhausseelsorge am Vivantes Klinikum Friedrichshain. Die Arbeit hat meinen Blick auf Krankheit und lebenswertes oder eben auch sterbenswertes Leben noch einmal ganz neu ausgerichtet. Deswegen freue ich mich auch auf die begleitende Seelsorgeausbildung, die ich während meiner Zeit in Ihrer Gemeinde parallel durchlaufen werde.
Klagen hat seine Zeit, tanzen hat seine Zeit. Ich bin begeisterte Fußballspielerin und einem Tanz bin ich ebenso wenig abgeneigt. Auch fahre ich viel und gerne Fahrrad. Wenn Sie mich nach einem Wochenende also klagen hören, liegt es höchstwahrscheinlich daran, dass Union Berlin, ein Verein, der mir die letzten Jahre ans Herz gewachsen ist, verloren hat 😉
Friede hat seine Zeit. Ich wünsche Ihnen, dass der Friede Gottes Sie und Ihre Liebsten durch die kommende Zeit trägt!
Herzliche Segensgrüße
Deborah Meinig