Klima auf der Kippe
Können wir die Klimakatastrophe noch verhindern?
Nach mehreren coronabedingten Verschiebungen soll die Veranstaltungsreihe nun im Herbst starten, gerade noch rechtzeitig vor und zur Bundestagswahl, die mit Sicherheit eine Klimawahl werden wird. Aus aktuellem Anlass wurden die Vorträge inhaltlich und im Ablauf etwas umgestellt.
Der denkwürdige Beschluss des Bundesverfassungsgerichts zur Klimagerechtigkeit, die hektischen Korrekturen am bemängelten Klimagesetz, die Juni-Hitze und die offensichtlich erheblich destabilisierte atmosphärische Zirkulation haben das Klimathema zurück in die öffentliche Wahrnehmung gebracht, nachdem die Corona-Krise diese eigentliche "Überlebensfrage der Menschheit" (Franz Alt) etwas in den Hintergrund gedrängt hatte.
Der Meteorologe und Wettermoderator Sven Plöger meinte: "Wir versuchen, uns vor der fünf Meter hohen Welle der Corona-Krise in Sicherheit zu bringen, doch dürfen wir dabei nicht den 500 Meter hohen Tsunami des Klimawandels übersehen, der sich bereits am Horizont auftürmt."
Die weltweiten verheerenden Waldbrände der letzten Jahre, neue Temperaturrekorde in der Arktis, immer schneller tauender Permafrost, die schockierende Hochwasserkatastrophe in unserem Land usw. machen deutlich, dass der Klimawandel außer Kontrolle gerät und offenbar dabei ist, zu einer irreversiblen Klimakatastrophe zu werden. Es steht inzwischen viel mehr auf dem Spiel, als allgemein bekannt ist: Es droht eine sich selbst verstärkende Aufheizung der Erde und das Abrutschen in eine lebensfeindliche Heißzeit. Doch von der Erreichung der Pariser Klimaziele, die Erderwärmung auf 1,5 Grad, zumindest auf deutlich unter 2 Grad zu begrenzen sind wir nach wie vor himmelweit entfernt. Es muss inzwischen sehr viel schneller und radikaler gehandelt werden, um eine irreversible Zerstörung der Lebensgrundlagen noch zu verhindern. Es geht längst nicht mehr um Null-Emissionen bis
2050 oder jetzt 2045 und eine Konkretisierung und bessere Planung dieser unzureichenden Ziele, sondern um Null-Emissionen bis spätestens 2035, wie Wissenschaftler und Klimabewegung fordern. Es ist ja jetzt bereits fraglich, ob wir überhaupt noch ein "Recht" auf Emissionen haben (bei einem "weiter so" wäre unser vermeintliches "CO2-Budget" übrigens bereits 2026 aufgebraucht) oder ob wir damit nicht grundgesetzwidrig die Freiheit der kommenden Generationen verspielen (siehe Bundesverfassungsgericht).
Der zu späte Kohleausstieg, eine eher kosmetische "Verschärfung" des Klimagesetzes und ein Green Deal für zusätzliches grünes Wachstum sind jedenfalls nicht ausreichend, um die Freiheit und das Überleben(!) der Kommenden zu sichern und das Klima- und Erdsystem noch im lebensfreundlichen Bereich zu stabilisieren. Wenn wir in 10-15 Jahren klimaneutral sein müssen, um wenigstens noch die Chance auf eine Begrenzung der Aufheizung der Erde zu haben, dann ist es nicht mit ein paar neuen Weichenstellungen für den kapitalistischen Wachstumszug getan, dann müssen wir zur Notbremse greifen und den Zug anhalten und den Umbau zu einer stationären, klimaverträglichen Wirtschaft und Gesellschaft jetzt vollbringen.
Der Titel der ersten Veranstaltung am 8. September 2021 lautet:
Klima auf der Kippe- Ungerechtigkeit im Treibhaus
Einführung und Vorschau zur Veranstaltungsreihe.
Aus aktuellem Anlass erfolgen einige Anmerkungen zum Beschluss des Bundesverfassungsgerichts zum Klimagesetz und zur Klimapolitik der Bundesregierung. Was bedeutet unsere verschwenderische Wirtschafts- und Lebensweise für die Armen der Welt und für die kommenden Generationen? Dazu Lesung einiger Passagen des Artikels "Ungerechtigkeit im Treibhaus oder die Freiheit der Anderen" des Autors aus dem Jahr 2018. Dann: Kurze Einführung zum aktuellen Stand der Klimaproblematik. Die Entwicklungen bei den Treibhausgasemissionen, beim CO2-Gehalt der Atmosphäre, bei der Abnahme der Kapazität der natürlichen CO2-Senken (z. B. durch Abholzung und Waldbrände) werden skizziert und Wechselwirkungen und Verstärkungen im Klimasystem dargestellt. Drohende Kipppunkte werden benannt und die Gefahr einer verselbständigten Erderwärmung wird erläutert. Was wäre notwendig, um die Klimakatastrophe zu verhindern oder wenigstens zu begrenzen, was sind die Imperative der Klimakatastrophe? Kann eine breite Koalition der Vernunft noch rechtzeitig umsteuern und Wege aus der Krise finden?
Die zweite Veranstaltung am 6. Oktober 2021 trägt den Titel:
Die Imperative der Klimakatastrophe - Menschheit vor der Systemfrage
Wir werden erdsystemkompatibel sein oder wir werden nicht sein! Doch es reicht schon nicht mehr aus, wenn wir uns nur anpassen, wir müssen inzwischen versuchen, das Klima- und Erdsystem wieder zu stabilisieren, statt es immer weiter zu destabilisieren.
Das bisherige Versagen der Klimapolitik gegenüber Macht- und Wachstumszwängen hat die verbleibenden Handlungsspielräume allerdings erheblich verengt. Die Veranstaltung zeigt, dass Klimagesetz, Green Deal und CO2-Steuer in ihrer bisherigen Form in keiner Weise ausreichen, die Klimakatastrophe noch zu verhindern und eher Wege aus der Wachstumskrise, denn Wege aus der Klimakrise sind. Was wäre tatsächlich notwendig, um die Emissionen in zehn Jahren um 70% zu reduzieren und in 15 Jahren klimaneutral zu werden? Wie könnte solch eine „Große Transformation“ aussehen und wie ein Sofortprogramm, dass die Klimakatastrophe noch verhindert? Und geht das überhaupt gegen die systemimmanenten Wachstumszwänge des Kapitalismus?
Die dritte Veranstaltung am 3. November 2021 heißt:
Große Transformation– Rebellion für das Leben
"Leben für die Zukunft – Zukunft für das Leben" oder "Zukunft für Alle – Alle für die Zukunft", das wäre das Leitmotiv einer sozialökologischen Wende, für eine "Alternative für das Leben". Eine tatsächlich wirksame Rettungspolitik kann grundsätzlich nur eine Politik des Ausgleichs und der Gerechtigkeit sein und muss gleiche Lebenschancen für alles Leben, für andere Kulturen und für all die kommenden Generationen respektieren. Denn "Nur Gerechtigkeit führt zum Frieden mit der Natur und zum Frieden unter den Menschen." (Indianisch). Doch ist Klimagerechtigkeit in dieser Gesellschaft des "immer mehr" überhaupt möglich? Was können, was sollen und was müssen wir selber tun? Zwar gilt es, die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen grundsätzlich zu verändern, es geht um eine ökologische Revolution, doch letztlich beginnt Veränderung immer mit Entscheidungen von Einzelnen, mit Gefühlen, wie Angst oder Zorn, mit Mut. Abschließend sollen einige literarische Texte dieser Ebene Raum geben und Mut machen zur "Rebellion für das Leben".
Die drei Veranstaltungen finden in der Kirche "Zur frohen Botschaft" statt.
Inhaltlich gestalten wird sie der Autor und Journalist Jürgen Tallig, der bereits durch verschiedene Veröffentlichungen seine Kompetenz bezüglich des Themas unter Beweis gestellt hat.
Ich freue mich auf drei anregende, nachdenkliche und aktivierende Abende
Edgar Dusdal